Gollorgel Beckenried
Vorgängerorgeln
1820 laut einer Eintragung im Protokoll der Bürgergemeinde, soll die Kirche ihre erste Orgel erhalten haben. Näheres zu diesem Instrument und seinem Erbauer ist nicht bekannt. Wegen den kunsthistorischen Eigenarten wurde angenommen, es könnte sich um ein Projekt von Franz Josef Remigius Bossart handeln. Ein vorhandener Stich ist aber offensichtlich falsch beschrieben. Bei der darauf dargestellten Orgel handelt es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um die Bossart-Orgel in Buochs.
1842 erste gesicherte Hinweise auf eine Orgel in der Pfarrkirche Beckenried. Aus den Prüfungsakten: Orgelbauer Silvester Walpen aus Luzern hat in der Pfarrkirche zu Beckenried ein neues Orgelwerk hergestellt, welches dem 31. August und 1. Herbstmonat 1842 vom hochw. Herr P. Leopold Nägelin von St. Urban und Herr J.B. Mollitor, Chordirektor und Organist in Luzern, genau und gewissenhaft geprüft und beurteilt worden ist. Obige zwei Experten haben sich in der am 2. Herbstmonat mitgeteilten Zuschrift dahin ausgesprochen, dass der Ton der Orgel in jeder Erwartung befriedigend sei, kräftig, sogar imponierend in Masse und verständlich in allen Einzelheiten. Die Disposition ist so ausgeführt, dass kein Orgelspieler in Verlegenheit kommen könnte, jeden Anlass mit zweckmässigen Spiele zu begleiten,
• der Principal, die Copel, die Viola da Gamba im Hauptwerk, die Flute Traverso und Dolcian unter den Flöten und der Cornett unter den Füllstimmen zu den gelungenen, ja ausgezeichneten gehören,
• das Pedal sehr kräftig, ohne Gepolter und schnellsprechend sei,
• dass die schöne, solide Bearbeitung der Pfeifen in Zinn und Holz einen Vorzug dieses Orgelbauers beurkunde, der noch dadurch gesteigert werde, weil er sanftere Stimmen vorzüglich zu charakterisieren verstehe
• dass endlich auch der mechanische Teil der Orgel fleissige Arbeit zeige und namentlich der Wind vollkommen, ja sogar der freventlichsten Behandlung entsprechen, und setzte noch bei, dass Herr Walpen nicht nur als tüchtigen Kunstkenner sondern auch als rechtschaffener redlicher Mann, der sein gegebenes Wort zu halten weiss und hält, alle nur mögliche Achtung und Empfehlung verdienet.
Derzeitige Orgel – historische Gollorgel
1913 Orgelneubau einer röhrenpneumatischen Taschenladenorgel als Opus 404 von Orgelbau Goll & Cie (Luzern) II/20 + 3 Transmissionen.
Zinnpfeifen: 1412 / Zinkpfeifen: 215 / Holzpfeifen: 345 / Total der Pfeifen: 1972.
Die Weihe und „Collaudation“ erfolgte am Sonntag, 25. Mai 1913 mit Herrn J. Schefold, Musikdirektor in Rorschach, der des Öfteren in Beckenried seine Ferien verbracht haben soll. Hinweise darüber, ob er die Planung oder den Bau der Orgel mitbegleitet hat, finden sich keine.
1940 Renovierung des Werkes durch die Erbauerfirma.
1976 – 1977 Renovierung der Orgel durch Orgelbau Goll.
2008 vorbildliche Restaurierung der original erhaltenen Orgel durch Orgelbau Walter Graf (Sursee). Die Beckenrieder Gollorgel zählt zu den schönsten romantischen Orgeln der Schweiz. Seit 2013 existiert eine erfolgreiche Konzertreihe, welche sich grosser Beliebtheit erfreut. Die Orgel wurde unter der Leitung des Orgelsachverständigen Rudolf Bruhin (Basel) restauriert und gehört zu den wichtigsten Denkmalorgeln einer Zeit deren Zeugen fast vollständig vernichtet worden sind. „Es sei eine dankbare Aufgabe, diese Orgel der Nachwelt und zum Lobe Gottes zu erhalten“ heisst es in einem weiteren Gutachten.
Bei weiterhin guter Pflege und optimalem Raumklima wird sie uns als einzigartiges Instrument und Denkmal ihrer Zeit erhalten bleiben. Es gibt nur noch sehr wenige, original erhaltene Orgeln jener Epoche und in dieser Bauart die noch funktionieren und mit ihren einmaligen Klängen auch die Orgelkompositionen aus jener Zeit authentisch wiedergeben lassen.
Stimmen zur Beckenrieder Orgel
Albert Schönberger (Domorganist i.R. Mainz) : „So muss eine romantische Orgel klingen, ein ganz fantastisches Instrument“
Brita Schmidt-Essbach (Organistin Beckenried) : „Vor 10 Jahren lernte ich diese Orgel kennen und lieben, es ist die Traumorgel eines jeden Organisten, welcher gerne romantische Literatur spielt. Es ist eine grosse Freude dieses Instrument zu spielen“
Andreas Schmidt (Initiator Orgel-Verzeichnis und Konzertreihe Beckenried) : „Diese Orgel hat mich inspiriert, mich herausgefordert mein Studium fortzusetzen und gehört für mich zu den schönsten romantischen Orgeln überhaupt“
Aurore Baal (Hauptorganistin St.Michael Zug) : „Die Orgel ist ein Rolls Royce in der Orgellandschaft“
Rudolf Bruhin (Orgelsachverständiger Basel) : „In Beckenried sind pastellfarbene Klänge der deutschen Orgelromantik zu hören, die selten geworden sind. Weiche Intonationen, ein voller, runder und transparenter Tuttiklang und sich gut mischende, charakteristische Grundstimmen zeichnen diese Orgel aus“.
Martin Schulze (Orgelsachverständiger Frankfurt/Oder) : „Ein unglaublich vielfältiges und technisch sowie klanglich hervorragendes Instrument“
Bilder Urheberrecht : Andreas Schmidt und Beckenrieder Orgelfreunde (Nutzung nur mit schriftlicher Genehmigung)
Seite der Beckenrieder Orgel auf dem Orgel-Verzeichnis Schmidt
Disposition der Orgel zu Beckenried
I Hauptwerk C-g3 | II Schwellwerk C-g3 | Pedal C-f1 |
Bourdon 16‘ | Stillgedackt 16‘ | Principalbass 16‘ |
Principal 8‘ | Geigenprincipal 8‘ | Violonbass 16’ |
Bourdon 8’ | Liebl.Gedackt 8’ | Subbass 16’ |
Flauto amabile 8’ | Quintatön 8’ | Echobass 16’ Transmission Stillgedackt II |
Gamba 8’ | Flûte harmonique 8’ | Cello 8’ |
Dolce 8’ | Viola 8’ | Bassflöte 8’ |
Octav 4’ | Aeoline 8’ | Aeolsbass 8’ Transmission Aeoline II |
Rohrflöte 4’ | Voix céleste 8’ ab c° | Posaune 16’ |
Waldflöte 2’ | Fugara 4’ | |
Mixtur 2 2/3’ | Traversflöte 4‘ | |
Trompete 8‘ Transmission II | Harmonia aetherea 2-fach | |
Trompete 8’ | ||
Euphonia 8’ aufschlagend | ||
Tremolo |
Spielhilfen:
Manual-Kopplung II – I, Pedal-Kopplung II (II/P), Pedal-Kopplung I (I/P), Oberoctav-Kopplung II – I, Oberoctav-Kopplung II, Oberoctav-Kopplung II.z.Ped., Unteroctav-Kopplung II- I (ab c°), Melodie-Kopplung I – II, General-Kopplung, Normal-Kopplung , 2 freie Kombinationen, Zungeneinzelabsteller, Glocke (Calcant)
Unter Klaviatur I: Auslösung der Pedal-Umschaltung, Zungenchor, Freie Combination I, Zungenchor, Principalchor, Streicherchor, Flötenchor, Auslösung, P., MF. , F. , FF., Tutti, Freie Combination II
Fuss: Auslösung, P., MF. , F. , FF., Tutti als Tritte, Echo (Schwelltritt II), Rollschweller (Walze)